Soltau gescheitert:
    Russischer Investor baut FOC in Heber

    Böhmestadt wird Öffnungsklausel zum Verhängnis -
    Heute Versammlung im Gasthaus von Loh

    vo Heber. Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Da Soltau und Bispingen sich in Sachen Factory Outlet Center (FOC) nicht einigen können, macht jetzt Schneverdingen, genauer Heber, das Rennen. Im Gewerbegebiet an der Scharrler Straße haben die Bauarbeiten bereits begonnen. Da der Begriff FOC rechtlich geschützt ist, soll das Mobile Sale Center Heber (MSCH) entstehen.
    Als Investor tritt die Leschekinski-Gruppe auf, ein russisch dominiertes Konsortium, das sich um seine Reputation nicht zu sorgen braucht: Dazu soll auch Roman Abramowitsch gehören, der seine Finanzkraft bei Chelsea London eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Ironie des Schicksals: Die Initiatoren des Scharrler Projekts berufen sich auf die Öffnungsklausel im Landesraumordnungsprogramm, die den Streit zwischen Soltau und Bispingen letztlich ausgelöst hat. Dort gibt es eine 50-Tage-Regel, die weitere Verzögerungen verhindern soll: Wenn innerhalb dieses Zeitraums nach der Genehmigung, in diesem Fall der 3. Februar, ein Projekt noch strittig ist, darf umgehend an einem adäquaten Standort im Umfeld gebaut werden. Diese Frist ist in der vergangenen Woche abgelaufen, die raumordnerische Zulässigkeit des seinerzeit mit EU-Mitteln geförderten Gewerbegebiets planfestgestellt.


    Auch bei widrigen Witterungsverhältnissen herrschte in der vergangenen Woche Hochbetrieb auf der Baustelle für das MSCH im Gewerbegebiet an der Scharrler Straße. Anhand der Planungsskizze, auf der die zukünftige Führung der Bundesstraße 3 deutlich zu erkennen ist, dirigieren Bauarbeiter den Ausleger des Transportbeton-Lkw in die korrekte Position. Foto: vo

    Die Arbeiten sind trotz widriger Witterung gut vorangekommen. Reihenweise liefern Transportbeton-Lastwagen ihre Ladung ab. Der Baugrund ist weitgehend hergerichtet, die Wegeführung erkennbar. Das Tempo hat zwei Gründe: Zum einen will der Investor mit Beton Fakten schaffen, die nicht so leicht weggeklagt werden können. Und bereits am 1. August soll Eröffnung sein, denn "das Geschäft von Heideblüte wir gerne wollen noch nehme mit", so der osteuropäische Bauleiter vor Ort, der sein Deutsch bis dahin noch auf Vordermann bringen muss. Im 1. Bauabschnitt sollen 55 Läden für den Abverkauf der Produkte namhafter Markenartikler entstehen. Das Sortiment des MSCH ähnelt dem von FOCs - hochwertige Textilien, Sportswear und Schuhe, dazu noch Unterhaltungselektronik und Baubedarf -, aber nicht die Bauweise: keine Hüttendörfer à la Wolfsburg, sondern mobile Container in Brettstapeltechnik nach dem Vorbild der Schneverdinger Eine-Welt-Kirche. 80 Prozent der 55 Verkaufseinheiten sind vergeben. Interessierte können sich kurzfristig noch langfristige Verträge sichern: Heute will die Leschekinski-Gruppe ab 19.30 Uhr im Gasthaus von Loh über das Projekt informieren - aus gutem Grund, denn die sich rasant ändernde Baustelle hat in den vergangenen Tagen viele neugierige Blicke auf sich gezogen.

    Leerstände kompensieren

    Schneverdingens Bürgermeister Fritz-Ulrich Kasch freut sich verständlicherweise auf den neuen Konsum-Magneten, der geeignet ist, die zunehmenden Leerstände in der Kernstadt etwas zu kompensieren. Extremunterschiedlich fallen, wie zu erwarten, die Reaktionen seiner beiden Bürgermeisterkollegen aus. Während Soltaus Verwaltungschef Wilhelm Ruhkopf "ohne Wenn und Aber den Klageweg bis zur letzten Instanz" beschreiten will, würde Bispingens Detlev Loos, der das Thema FOC-Sachstandsbericht heute Abend bei der Bispinger Ratssitzung auf dem Zettel hat, sogar mit der unerwarteten Entwicklung leben können: "Wenn wir kein FOC bekommen, dann soll wenigstens Soltau auch keines haben."

    [Aus der Böhme-Zeitung vom 1.4.2009. Vielen Dank an Reinhard Vorwerk für diesen sehr interessanten Artikel und die gute Zusammenarbeit. Vielen Dank auch an Peter Birk, der die Betonpumpe extra zum Fototermin besorgt hat.]


    Peter Birk in Aktion. Foto: vo